kommt das Christuskind. Und wer bei ALDI nicht schnell genug zur Seite springt, den rennt spätestens Ende August eben dieses Christuskind um wenn es mal eben schnell eine Palette Lebkuchen abliefert um dann in Windeseile eine weitere Palette mit Christstollen im Mittelgang bei LIDL zu platzieren. M.a.W. es ist die zeit des „Raus aus dem Badeanzug, rein in die Nikolausstiefel“, Weihnachten steht vor der Tür, jedenfalls wenn es nach den Vorstellungen des Einzelhandels geht.
Um dieses „alle Jahre wieder“, das mir schon seit Jahren die Lust auf Weihnachten gründlichst vergällt, soll es hier aber heute nicht gehen. Da ich hier einen Blog zu Russland wie ich es sehe habe, will ich über das „alle Jahre wieder“ russischer Provinienz berichten.
Alle Jahre wieder tritt in Russland, wie es scheint für alle Beteiligten völlig unvorhersehbar, die kalte Jahreszeit ein. Die Folge: Der Präsident oder der Premierminister werden im Fernsehen gezeigt, wie sie sich mit irgendjemandem treffen und dieser Irgendjemand erklärt dem Präsidenten / Premierminister, dass alles für die kalte Jahreszeit bereit ist, die Heizungen nur darauf warten geöffnet zu werden und man dem Winter gelassen entgegensehen könne.
Und dann passiert es: Irgendwo in den Tiefen des großen Landes muss Mr. Irgendwer nicht gewesen sein und die eifrig als abgeschlossen dargestellten Vorbereitungen für die kalte Jahreszeit sind noch keinesfalls abgeschlossen. Als Folge sieht man dann im Fernsehen Berichte über kleine Städte und Dörfer die „mal eben nicht beheizt werden“ und in denen die Menschen frieren. Einen Tag später hat dann der Präsident / Premierminister sich den verantwortlichen Gouverneur zur Brust genommen und drei Tage später ist dann die Ortschaft wieder beheizt oder hat wieder Wasser oder warmes Wasser, wenn, ja wenn das Fernsehen darüber berichtet hat. In wie vielen Fällen die Massenmedien aus welchen Gründen auch immer nicht darüber berichten, das kann man nur ahnen.
Woher kommt dieses „Alle Jahre wieder wird es kalt in den Wohnungen“? Nun, die Ursachen sind vielfältig. Zum einen sind da die Heiztrassen aus Sowjetzeiten, die schon seit langen Jahren nicht gewartet wurden und die deshalb genau dann leck schlagen wenn die Heizsaison eingeläutet wird. Interessanterweise wird in den Sommermonaten die Warmwasserversorgung für mehrere Wochen abgestellt. Begründung: Wartung der Rohrtrassen. Wartungstrupps sieht man in dieser zeit nur spärlichst und wie effektive diese Wartung dann ist, zeigt sich zu Beginn der Heizperiode.
Zum anderen sind es Gelder zur Renovierung eben dieser Heiztrassen, die auf wundersame Weise nie ihren eigentlichen Bestimmungsort erreichen, oder wenn sie ihn erreichen, dann jedenfalls nicht in vollem Umfang. Der fehlende Rest ist dann in den Weiten Russlands irgendwo versickert oder befindet sich auf einer Geldkreislaufbahn auf der die angesammelten Beträge mal schnell ein paar Zinsen verdienen die dann aber nicht in die Arbeiten zur Pflege der Heiztrassen einfließen.
Des weiteren ist es die fehlende Zahlungsmoral oder Zahlungsfähigkeit mancher Zeitgenossen, die entweder nicht daran denken für gelieferte Wärme zu zahlen, oder die auf Grund einer minimalen Rente nicht in der Lage sind zu zahlen.
Und last but not least sind es Bestimmungen im russischen Arbeitsrecht, die zu kalten Füßen führen können. Wie das? Ganz einfach.
Die Entlohnung russischer Arbeitnehmer ist aufgeteilt in verschiedene Bestandteile der Entlohnung. Da ist zunächst einmal der Grundlohn den der Arbeitgeber zahlt. Dieser Grundlohn ist in der Regel nicht sonderlich hoch und wenn man von Lohnhöhen in Russland spricht, dann sind die genannten Beträge meist eben dieser Grundlohn die in Diskussionen genannt werden. Dass teilweise unter der Hand ganz andere Beträge gezahlt werden und man die Lohnhöhe nur deshalb künstlich niedrig hält um sich Steuern und Sozialabgaben vom Leibe zu halten, das sei nur der Vollständigkeit halber am Rande erwähnt.
In vielen Firmen, so auch in den örtlichen Wärmeversorgungsunternehmen, werden darüber hinaus aber weitere Vergütungsbestandteile gezahlt. Dazu gehören auch Prämien für die Mitarbeiter.
Und diese Prämien sind es auch, die letztlich zu kalten Füßen führen können. Denn diese Prämien beinhalten auch Prämienzahlungen für die Arbeit unter erschwerten Arbeitsbedingungen. Damit man eine solche Prämie für erschwertes Arbeiten einstreichen kann kann, muss man die Vornahme der Arbeiten eben auf solche Zeitpunkte legen, wo z.B. schlechte Witterungsbedingungen herrschen, es regnet oder schneit oder eben in der Kälte gearbeitet wird.
Da werden dann Heizungsrohre erneuert oder geflickt wenn es draußen kalt ist. Die Folge ist, dass die Heizung „mal eben“ für ganze Stadtteile abgestellt wird und Gleiches gilt auch für die Versorgung mit warmen Wasser falls nötig.
Da werden auch Straßenbeläge dann erneuert wenn es draußen wie aus Eimern gießt und schüttet oder die Außentemperaturen sich erkennbar auf den Nullpunkt hin zu bewegen. Dem so aufgetragenen Asphalt ist das zwar nicht zuträglich, der einzustreichenden Prämie aber schon.
Als Folge werden die Arbeiten erledigt nach dem Motto „Chef, bin fertig, Prämie bitte.“ Welche volkswirtschaftlichen Beträge so völlig unsinnig verbraten werden entzieht sich meiner Kenntnis. Nur eins ist klar, die so mit neuem Asphalt versehenen Straßen halten nicht allzu lange und den so erneuerten Heizungsrohren ist ein ähnliches Schicksal vorbestimmt, m.a.W. die nächste Abschaltung der Heizung ist vorprogrammiert.
Gut nur, dass hier noch keiner öffentlich auf die Idee kam den verstärkten Gebrauch von Pullovern oder sonstiger warmer Kleidung zu propagieren. Das ist bisher nur dem ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin vorbehalten gewesen.
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